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Die Publicis verabschiedet sich von der NZZ mit einem «Best of Bleistift»

Nach 15 Jahren als Werbeagentur der NZZ verabschiedet sich die Publicis mit einem «Best of Bleistift».

15 Jahre lang war die Publicis die Agentur der NZZ und hat die berühmte Kampagne mit dem blauen Bleistift als Sujet kreiert (einige Motive findet man bei Google).

Seit Anfang 2012 ist die NZZ bei Jung von Matt / Limmat.

Heute verabschiedet sich die Publicis mit einem «Best of Bleistift» (PDF) und diesem Text: «Gute Werbekampagnen und guter Journalismus haben eines gemeinsam: Je länger und intensiver man daran arbeitet, desto präziser und glaubwürdiger werden sie. Über fünfzehn Jahre lang durfte Publicis die NZZ-Werbung zuspitzen. Liebe NZZ, die Zusammenarbeit war ein Vergnügen auf höchstem Niveau. Herzlichen Dank und alles Gute.»

Hat Klasse, finde ich.

Geht’s noch, SWISS?

SWISS zockt ab. Kinder zahlen gleich viel wie die Eltern, die Nebenkosten machen über 70% des Preises aus.

Seit langem mal wieder SWISS gebucht, jetzt, wo Air Berlin nicht mehr nach Hannover fliegt. Und hoffentlich das letzte Mal für lange Zeit, denn bei der Zusammenstellung der Preise fasst man sich an den Kopf.

Flugtarif CHF 84 (29.5% des Gesamtpreises), Rest CHF 200.90 (70,5%). Ein Zweijähriger und ein Sechsjähriger zahlen das gleiche wie die Eltern? Und das Bezahlen mit Kreditkarte (welche natürlichere Art gibt es für eine Online-Flugbuchung) kostet 11.- pro Person, also insgesamt CHF 44? Das ist doch alles nicht Euer Ernst!

Natürlich ist ein Wochenende mit den Kindern bei den Grosseltern nach wie vor «priceless», aber in Zahlen kostet es mich CHF 1’139.60. Hätte ich Zeit, würde ich mich als Wutbürger mit Schaum vor dem Mund am Flughafen postieren und irgendwas skandieren. So werde ich einfach demnächst lieber mit Air Berlin nach Düsseldorf fliegen und die längere Anreise zum Flughafen in Kauf nehmen.

Wollte eigentlich was Nettes über die neue, sehr schön gemachte iPhone-App schreiben, aber das kommt mir angesichts dessen jetzt leider nicht mehr über die Tasten.

Gesucht: «Driver X»

Welcher Blogger findet «Driver X», der Tom Hanks durch den deutschen Osten gefahren hat — mit sagenhaften 140 km/h?

Blogger aus Berlin oder aus dem deutschen Osten — das ist Deine Chance!

Unten ist ein grandioses oder albernes Video, je nach Geschmack, aus «Letterman». Einerseits fasst man sich an den Kopf, wie ignorant diese Amerikaner doch immer noch sind, und wie dumm auch, wenn sie nicht mal ein Schild erkennen, das die Durchfahrthöhe unter einer Brücke angibt. Andererseits könnte Harald Schmidt problemlos das gleiche machen mit fast jedem anderen Land, und wir würden es auch normal finden. Vor allem aber finde ich es wirklich komisch, dass Tom Hanks denkt, 140 km/h sei schnell.

Dein Auftrag, lieber Blogger: «Driver X» finden, der Tom Hanks von Berlin nach Dresden und Eisenhüttenstadt gefahren hat. Ihn auf Video interviewen und seine Aussagen (natürlich hofft man, er hat einen total starken Dialekt) gegenschneiden mit denen von Hanks. Vor allem, wie aufgeregt der war, als er 140 gefahren ist, und wie er sich immer erschreckt hat, wenn jemand trotzdem, also quasi mit Lichtgeschwindigkeit, überholt hat.

Wenn Video nicht möglich ist, geht auch ein Text, der den Gegensatz beschreibt. Fotos von Driver X sind aber Pflicht.

Wenn Du dann den Post live hast, musst Du natürlich Tom Hanks antwittern. Der wird es witzig finden und retweeten (mit 3.2 Mio. Followern), und – zack – Du hast 3% davon auf Deiner Website, das sind 100’000 Leute. turi2 wird darüber schreiben, der bringt nochmal 1000. Ende der Geschichte, die kommen alle nie wieder – aber hey, immerhin.

Mini-Website «Kleiner Hinweis» lanciert

Aus meinem Helfersyndrom heraus und weil mich die «(0)» in den Telefonnummern genervt hat, habe ich die Mini-Website «Kleiner Hinweis» lanciert.

Ich gebe es zu: Ich habe ein Helfersyndrom.

Ständig möchte ich Leuten Sachen erklären, die sie aus meiner Sicht besser machen könnten. Zum Beispiel «Wer brauchen nicht mit zu gebraucht…». Oder: «Schalt doch mal auf Deinem iPhone das Feature „Auf Netze hinweisen“ ab, es macht schon mich wahnsinnig, wenn ich mit ansehe, wie Du immer erst auf „Abbrechen“ klicken musst, wenn Du es in die Hand nimmst.» Sehr gern würde ich auch immer morgens mit einem grossen Schild «Rechts stehen, links gehen!» die Rolltreppe hochgehen. Und so weiter. Meine Ex-Firma Zeix ist aus dieser Idee heraus entstanden, die wir «User Education» genannt haben, nachdem ich das mal auf einer Visitenkarte einer Mitarbeiterin von eBay Deutschland gesehen hatte. Natürlich ist das ganze nicht selten auch egoistisch, weil nämlich ich gern links vorbeigehen würde, aber noch öfter ist es tatsächlich altruistisch.

Schon lange, konkret wohl, als wir bei Zeix e-fon eingeführt haben und ich meinen ersten VoIP-Client installiert habe, hat es mich gestresst, wenn die Leute ihre Telefonnummer so angeben, dass man sie nicht direkt anklicken kann — vor allem durch eine „(0)“ in der Mitte. Früher war das ein Nischenthema, von dem ich das Gefühl hatte, es betrifft nur mich (dann halte ich mich mit Missionieren) zurück, aber mit dem zunehmenden Erfolg der Smartphones ändert sich das. Es ist doch toll, wenn man ein nur mässig gepflegtes Adressbuch hat, schnell in seinen Mails jemanden suchen kann und anhand von dessen Signature mit einem Klick anrufen. Wenn er dagegen diese doofe Null in der Telefonnummer hat, muss man sie sich merken, zwischen den Apps wechseln und sie eintippen — auf der Autobahn eine nicht ungefährliche Sache.

Zugleich ist das ganze Thema natürlich nicht soo wichtig, dass ich nun deswegen lange 1:1-Mails schreiben würde, in denen ich das erkläre. Zwar bin ich Möchtegern-Weltverbesserer, aber ich will nicht als notorischer Missionar rüberkommen (die Phase habe ich hinter mir), und vor allem habe ich eigentlich sowieso gar keine Zeit für sowas.

Gut gefallen hat mir in diesem Kontext der schlanke Ansatz von five.sentenc.es, den ich schon unter ein paar Mails als Fusszeile verlinkt gesehen habe, u.a. bei Thomas Benkö und Martin Weigert. So mag ich’s: schlank, unaufdringlich, sharable.

Wollte das daher schon lange mal mit dem genanntem Beispiel «keine Null!» nachbauen. Und nachdem ich gestern Nacht von sohn2 geweckt wurde und wusste, dass ich eh nicht mehr schlafen kann, war der Moment gekommen. Habe um 5.10 Uhr die Domain kleinerhinweis.com registriert (hinweis.com hätte man kaufen können, bei buydomains.com für $38’488, hahaha!) und hatte mich zur «Timebox» selbst verpflichtet, dass die Website live gehen muss, bevor ich um 8 Uhr das Haus verlasse. Damit war für mich als Laien gesetzt, dass ich mir kein eigenes Layout ausdenken kann und es auch nicht mit einem CMS schaffe, sondern nur mit einer einzelnen HTML-Seite (hat ja fast etwas romantisches, mal wieder HMTL in einem Texteditor zu bearbeiten, im Admin-Interface von Cyon).

Jedenfalls, diese Website gibt jetzt, sie hat bisher nur eine Seite, und hier ist sie: kleinerhinweis.com/keine-null/

Weshalb ich diesen Post eigentlich schreibe: Anregungen für die nächsten kleinen Hinweise werden gern entgegen genommen. Gestern kam schon: «URLs nicht ins Subject pasten».

E-Books nur «vorübergehend»?

Ein Zürcher Buchhändler sieht «im gegenwärtigen Erfolg des E-Books eine vorübergehende Begeisterung», weil viele junge Leute in seine Buchhandlung kommen. Das halte ich für realitätsfremd.

Dass schon wieder eine Zürcher Buchhandlung schliesst (der «Travel Book Shop», siehe Artikel «Das Buch ist keine Ware, sondern ein Wert» in der NZZ von heute, Seite 11 – Update: jetzt auch hier online) ist zweifellos traurig. Ehrlich, ich finde das sogar bei Läden traurig, ich denen ich fast nie etwas gekauft habe.

Dass allerdings jetzt viele Buchhändler meinen, die Wiedereinführung des Preisbindung würde sie retten, halte ich für eine vergebliche Hoffnung. Die Preisbindung wird vielleicht den Kleinen gegen die Grossen helfen, aber sie wird den Strukturwandel allenfalls etwas hinauszögern. Eine kleine Buchhandlung muss nach wie vor ihre Nische finden. Ich kaufe nach wie vor recht viele Bücher (von denen ich dann leider deutlich weniger viele ganz durchlese), und der Preis spielt für mich nur eine sekundäre Rolle. Ich würde auch nie bei Ex Libris online bestellen, wenn dort ein Buch CHF 5.- billiger wäre, wenn ich gerade in einem anderen Laden stehe und es dort direkt mitnehmen kann.

Aber das nur nebenbei. Eigentlich hatte mich in dem genannten NZZ-Artikel von heute etwas ganz anderes einmal mehr den Kopf schütteln lassen.

Ricco Bilger von der Buchhandlung Sec 52 an der Josefstrasse sieht das aber etwas anders. Eine kompetent geführte Buchhandlung mit einem gut sortierten Spezialsegment habe durchaus Chancen. (…) Vielleicht zeichnet sich für das Buch aber doch ein Silberstreif am Horizont ab. Obwohl die Branche letztes Jahr um über 7 Prozent rückläufig war, verzeichnete Ricco Bilger in den vergangenen drei Monaten sehr starke Umsätze. Er sei mit seinen 56 Jahren oft der älteste im Laden. Eine junge Generation zwischen 18 und 25, die mit den neuen Medien aufgewachsen sei, entdecke das Buch, sagt er. Mit seinem gut sortierten Allgemeinprogramm mit Liebhabereien und Nischenbereichen hat Bilger gegenüber dem Internet in der Tat einiges voraus. (…)

Das glaube ich ihm sofort, und das kann auch gut noch 20 Jahre so bleiben. Ich bin überzeugt, dass es Bücher noch sehr, sehr lange geben wird.

Bilger glaubt denn auch an das Buch und sieht im gegenwärtigen Erfolg des E-Books eine vorübergehende Begeisterung.

Das wiederum halte ich für etwas realitätsfremd. Ich glaube unbesehen, dass gerade die sogenannten «Digital Natives» es auch geniessen, mal ein Buch zu lesen. Aber ein paar junge Leute in einem hippen Buchladen im Kreis 5 sollen wirklich ein Beleg für die Renaissance des Buchs sein?

Eigentlich ist es müssig, ein weiteres Mal das vielzitierte Beispiel Vinyl vs. CDs zu bringen, weil es so offensichtlich ist. Ja, es gibt noch Schallplatten. Aber mit 600’000 Pressungen im Vergleich zu 71 Millionen im Jahr 1984 (Zahlen für Deutschland bei Wikipedia) fristen sie nun mal ein Nischendasein.

(Und nun werden CDs auch schon wieder abgelöst durch Downloads. Neulich habe ich im ICE eine Frau mit einem Diskman gesehen, das sah zwischen all den Laptops, Smartphones und iPads fast so anachronistisch aus wie ein Walkman. Es wird spannend zu sehen, ob es auch eine Vintage-CD-Bewegung geben wird. Ich denke schon: Die Leute sammeln ja allen Scheiss, wieso nicht auch CDs.)

Zurück zum Buch: Wie gesagt, das gedruckte Buch dürfte noch eine lange Lebensdauer vor sich haben, eine längere übrigens auch als die gedruckte Tageszeitung, glaube ich (zeitlose Inhalte, Distribution weniger teuer, Haptikargument noch wichtiger), aber dass es eine dramatische Verschiebung zum E-Book geben wird, die ja längst läuft, scheint mir völlig ausser Frage.

Insofern: Toi, toi, toi für alle Buchhandlungen. Ich will nicht, dass Ihr geht, und ich habe mein Verhalten schon insofern angepasst, dass ich gedruckte Bücher möglichst im lokalen Handel kaufe und nicht mehr bei Amazon. Aber ich werde trotzdem deutlich mehr E-Books kaufen.

Crossair 3597 – 10 Jahre

Zehn Jahre Absturz. Ich wollte nicht wieder in die Medien. Ansonsten ist das meiste unverändert im Vergleich zum fünften «Jubiläum».

Diese Woche war der 24.11.2011, das «Jubiläum», zehn Jahre danach. Ich war natürlich dabei, der Unfall gehört ja zu meinem Leben, da gehört es sich auch, dass man an sowas teilnimmt, finde ich.

Also waren wir – organisiert von der Flughafenseelsorge – bei einer Gedenkfeier am Gedenkstein, danach beim ökumenischen Gedenkgottesdienst in Bassersdorf, mit abschliessendem Apéro. Das – privat organisierte – Abendessen, das wir jedes Jahr im Restaurant Kreuzstrasse machen, immer zusammen mit den damaligen Kommandanten von Polizei und Feuerwehr, haben wir zum Mittagessen vorgezogen.

Und ich wollte ebenso natürlich nicht wieder in die Medien. Ich hatte diverse Anfragen, von Zeitungen (auch den beiden aus unserem Haus), News-Sites, Fernsehen und Radio, und ich habe allen abgesagt.

Dass das richtig war, habe ich wieder gedacht, als ich ein zehn Jahre altes Video von «Schweiz aktuell» schaute, das Ronnie Grob auf Google+ verlinkt hat: Nach dem Horrorunfall zurück in den Alltag – Schweizer Fernsehen: SF Videoportal.

Alles erklärt sich ganz simpel aus diesem Bild:

Ausschnitt aus Interview bei «Schweiz aktuell»

«Peter Hogenkamp – Ueberlebender», das hat man irgendwann mal oft genug gesehen. Und ich möchte nicht, zumal ich jetzt selbst bei einem Medium arbeite, dass es heisst: Puh, der Hogenkamp drängt aber auch bei jeder Gelegenheit in die Medien. Gern zu Paywall & Co., eher ungern in der Opferrolle.

Meine Absturz-Nachbarin Jacqueline Badran macht das anders, weil sie findet, als Politikerin müsse sie es anders machen. (Ich weiss nicht, ob das stimmt, aber das muss ich auch nicht beurteilen.) Sie hat sich vom SRF zwischen Röschti und Dessert an der Kreuzstrasse noch schnell zum Gedenkstein schleppen lassen und einen recht rührseligen Beitrag produziert, siehe Crossair-Absturz vor 10 Jahren bei Bassersdorf. Wobei ihre Anteilnahme echt ist, das weiss ich.

Und so komme ich im NZZ-Artikel mit Jacqueline («Ich war sicher, dass ich sterbe») von Rebekka Haefeli halt dreimal als «Geschäftspartner» bzw. «ehemaliger Geschäftspartner» vor. Und finde, das ist gut so.

Den NZZ-Chefredaktor veranlasste es allerdings am Vorabend zu der launigen Bemerkung: «Sag bitte Deinen Twitterfreunden, dass wir durchaus wissen, dass dieser ‚Geschäftspartner‘ inzwischen Leiter Digitale Medien bei uns im Haus ist.» Was ich hiermit nachträglich mache, aber ich denke, es hat sich auch von selbst erklärt.

Sogar im Wikipedia-Artikel über den Absturz stehe ich nun als «ihr Geschäftspartner». Ist mir recht, wäre mir aber auch recht, wenn ich dort namentlich genannt würde; ich habe ja nichts zu verheimlichen.

Ansonsten hat sich in den letzten fünf Jahren nicht viel verändert, siehe Crossair 3597 – 5 Jahre. Doch: Jacquelines Blog hat jetzt deutlich mehr als einen Eintrag. Da sage noch einer, Politik bewirke ja eh nichts.

Es, das nicht genannt werden muss

Sunrise gibt sich alle Mühe, in einer grossen Werbung das iPhone 4S nicht zu erwähnen. Kommt mir etwas albern vor.

Sunrise macht einen Mantel um den «Blick am Abend» und zeigt unter dem Titel «Endlich endlich» (hätte sich dort nicht ein Komma gut gemacht?) ein in seine Firmenfarben verhülltes Gerät (mit erstaunlich runden Ecken, aber das mag täuschen).

Auf der Rückseite steht ein kryptischer Text, in dem etwas angestrengt nirgends erwähnt wird, um welches es sich handelt:

«Schön, wenn endlich das Smartphone kommt, auf das du so lange gewartet hast.»

«Schön, wenn sich jemand genauso lange darüber Gedanken gemacht hat, wie Du es jeden Tag am besten nutzen kannst?» (Hä? Wer hat sich Gedanken gemacht? Apple? Sunrise? Du?)

«Schliesslich geht es nicht um das Smartphone, sondern um dich.» (Yeah, right!) «Und deshalb freuen wir uns genauso wie du, dass es endlich da ist.»

Na ja. Hype gut und recht, aber das kommt mir alles unendlich albern und überzogen vor. Genauso wie die Meldung im Innern des Blatts, dass die vor dem Apple Store wartenden heute Nacht von drei verschiedenen Firmen bewirtet werden.

Wenn der Hype bei den Werbern angekommen ist, stellt sich bei mir der Eindruck ein, dass er bald abklingen wird.

Swisscom stösst, vermutlich allerdings unabsichtlich, auf Twitter ins gleiche Horn, mit der Ansage, dass es morgen keine Geräte gibt – von irgendwas.

Podiumsdiskussion «Paid vs. Free» am Dienstag bei der NZZ

«Paid vs. Free – wofür ist der User bereit zu zahlen?» — am Dienstag bei der NZZ, mit Patrik Müller, Chefredaktor «Sonntag», Hans-Jürgen Voigt, Chefredaktor 20 Minuten Online, Andreas Von Gunten, Verleger «Buch & Netz».

Ich erlaube mir, auf diese Veranstaltung hinzuweisen: «Paid vs. Free – wofür ist der User bereit zu zahlen?»

Da ich in letzter Zeit auf vielen Podien war und überall viel zu viel B*llsh*t geredet wurde, werde ich mal selbst moderieren, mal gucken, wie das so wird. Aber noch wichtiger: Martin Hitz (jemand anders, wird noch gesucht) wird bei jeder Binsenweisheit à la «Qualität muss einen Preis haben» oder «Die Zeitung ist auch eine Wundertüte, das kann Online nicht» den jeweiligen Redner sofort zur Ordnung rufen. Ich hoffe, das bringt uns weiter!

Ich freue mich sehr auf die Gäste, die sowieso alle nicht für Binsenweisheiten bekannt sind:

  • Patrik Müller, Chefredaktor «Sonntag»
  • Hans-Jürgen Voigt, Chefredaktor 20 Minuten Online
  • Andreas Von Gunten, Verleger «Buch & Netz»

Die Gebühr von CHF 40.- für Nicht-Mitglieder muss keiner zahlen, der sich über mich anmeldet, einfach hier anmelden und bei «Kommentare» schreiben: «Gast von Peter Hogenkamp».

Just my four cents für den Kapitalismus

Kein einzelner Marktteilnehmer strebt direkt danach, das Volkseinkommen zu maximieren; jeder will nur seinen Güterbedarf decken. Und doch führt der Marktmechanismus durch seine unsichtbare Hand zum volkswirtschaftlichen Optimum.

Hier die Dienste von vier «Kapitalisten», die mir spontan einfallen, weil ich ihre Dienste in der vergangenen Woche genutzt habe.

  1. Der Blumenverkäufer, der morgens Blumen beim Grossmarkt eingekauft hat und sie an der Strasse zwischen Küsnacht und Zollikon aus dem Kofferraum weiterverkauft. Mit Gewinn, vermute ich. Wobei ich mir spontan Sorgen gemacht hatte, dass er die Riesenmenge, die er um 16 Uhr noch hatte, auch los wird, bevor sie vergammeln — aber das muss eben nicht meine Sorge sein.
  2. Ein iPhone-Schwarzmarkthändler, der am Freitag stundenlang angestanden hat, um mir gestern das nagelneue iPhone 4S weiterzuverkaufen — mit einem nicht unerheblichen Aufschlag, der meine Mutter ziemlich empört hat. Zugegeben, sein Risiko, das Gerät gar nicht loszuwerden, ist überschaubar, aber wie hoch der Aufschlag sein würde, wusste er beim Anstehen noch nicht, er hat in der Hoffnung auf Gewinn erstmal Arbeitszeit investiert.
  3. Der Mann, der am Freitag zwei IKEA-Möbel für mich zusammengeschraubt hat, weil ich das hasse und auch echt schlecht kann.
  4. Leute, die sonntags, wenn alle anderen frei haben, in einem Restaurant arbeiten.
  5. Wer heute an einer der diversen «Occupy»-Veranstaltungen teilnimmt: Einerseits kann ich Euch gut verstehen. Eine Art von Staatsversagen liegt sicher vor bei dem, was Banken und internationale Politik uns derzeit vorführen, und deswegen sollte man irgendwas ändern, einverstanden. Von mir aus halt Transaktionssteuer.

    Aber wenn jemand «Kapitalismus überwinden» skandiert, möchte ich kurz zu bedenken geben, dass vermutlich fast alle, die das hier jetzt lesen, inmitten der Annehmlichkeiten der Marktwirtschaft aufgewachsen sind, und dass sich vermutlich niemand von uns vorstellen kann (inklusive mir), wie es wirklich wäre, in einem anderen Wirtschaftssystem zu leben.

    Wir schlagen mal ganz kurz bei Adam Smith nach:

    Kein einzelner Marktteilnehmer strebt direkt danach, das Volkseinkommen zu maximieren; jeder will nur seinen Güterbedarf decken. Und doch führt der Marktmechanismus durch seine unsichtbare Hand zum volkswirtschaftlichen Optimum.

    Ich bin kein Experte für Utopien, und mein makroökonomisches Wissen hat eher die Tiefe einer Pfütze. Wenn also jetzt einer kommt, der über den Dritten Weg promoviert hat, suche ich sofort das Weite. Aber trotzdem: Ich für meinen Teil finde es gut, wie der Kapitalismus einen wunderbaren Markt schafft, der Grundbedürfnisse wie obskure Bedürfnisse gleichermassen adressiert, was uns teilweise gar nicht mehr klar ist. Das würde ich wohl oprimieren wollen, nicht aber abschaffen.

«Die Zeitung neuen Lesegewohnheiten anpassen»

Peter Hogenkamp, bei der NZZ für digitale Inhalte zuständig, befasst sich seit Jahren mit Online-Geschäftsmodellen. Im Gespräch äussert er sich zur Zukunft gedruckter Zeitungen und zur Herausforderung der Digitalisierung von Medieninhalten.

Am 22. September 2011 erschien dieses Interview mit mir in der Sonderbeilage Mobilkommunikation der Neuen Zürcher Zeitung.

«Die Zeitung neuen Lesegewohnheiten anpassen»

NZZ-Digital-Chef Peter Hogenkamp zur Zukunft des Medienkonsums

Peter Hogenkamp, bei der NZZ für digitale Inhalte zuständig, befasst sich seit Jahren mit Online-Geschäftsmodellen. Im Gespräch äussert er sich zur Zukunft gedruckter Zeitungen und zur Herausforderung der Digitalisierung von Medieninhalten.

Interview: Walter Hagenbüchle

Peter Hogenkamp, blicken wir Jahre zurück. Welche Ideen gab es damals für eine Digitalisierung von Informationsinhalten? Gab es Konzepte für einen Transfer der Zeitung aufs Mobiltelefon?
Nur sehr rudimentär, etwa mit stark überteuerten SMS-Abos, an denen aber die Telekommunikationsfirmen mehr verdienten als die Inhaltelieferanten.

Von welcher Zeitrechnung sprechen Sie?
Die Mobiltelefonie im heutigen Format gibt es seit fünfzehn Jahren, die Produktkategorie «Smartphone» immerhin seit rund zehn Jahren, aber das Handling war doch sehr mühsam. Noch zu Zeiten meines Nokia E61, also bis 2006, kannte ich nur einige wenige Leute, die sich zusätzliche Software zum Zeitungslesen auf ihrem Handy installiert hatten. Dann aber kam das iPhone, kurz danach der App-Store – und plötzlich zeigten sich 60-jährige Banker beim Lunch gegenseitig ihre neusten digitalen Errungenschaften.

Das Rennen bei den Businessmodellen auf dem Handy gemacht haben also anfangs ganz andere Geschäftsinhalte. Zeitung auf dem Handy, das war doch eher eine «mission impossible», allein schon wegen des Formfaktors?
Die Zeitung, wie wir sie auf Papier kennen, 1:1 auf dem Handy abzubilden, war schwierig, ist schwierig und wird es immer bleiben. Der Smartphone-Bildschirm bedeckt nur rund einen Sechzigstel einer Broadsheet-Zeitungsseite. Um eine Zeitung im Original-Layout komplett zu lesen, ist also 1800-mal Blättern und Zoomen notwendig.
«Es gibt in der NZZ-Zielgruppe Zahlungsbereitschaft für digitale Inhalte.»

Also doch eine «mission impossible»?
Es ist tatsächlich nur etwas für Hardcore-Fans. Es kommt indes immer darauf an, welche Quellen man gerade zur Verfügung hat. Ich habe in den Ferien am Strand schon komplette «Spiegel»-Ausgaben auf dem iPhone gelesen, um teures Roaming zu vermeiden.

Weiten wir also den Blick vom winzigen 3-Zoll-Screen eines Smartphones hin zur digitalen Revolution des 10-Zoll-iPad. Dieser Quantensprung gilt ja als Initialzündung für den Transfer der Zeitung auf den digitalen Kanal. Haben sich die Erwartungen der Verleger erfüllt?
Ich fand es immer etwas blauäugig, als einige letztes Jahr dachten, nur weil wir jetzt einen grösseren Bildschirm und einen etablierten Zahlungsprozess hätten, werde automatisch alles gut. Die ersten euphorischen Meldungen einiger Verleger waren wohl etwas voreilig. Unsere Erfahrungen als NZZ mit dem iPad sind aber sehr positiv: Mit rund 6000 bezahlten Downloads unseres E-Papers pro Tag nehmen wir den Spitzenplatz in der Schweiz ein. Zugegeben: noch eine kleine Zahl verglichen mit der gedruckten Auflage, aber stetig wachsend.

Von einem künftigen Alternativmodell zur Zeitung, also einem rentabel mit Online-Werbung finanzierten Medienauftritt im Netz, ist man also weit entfernt. Oder anders gesagt: Die prognostizierte Goldader für die Verleger konnte bisher nicht freigelegt werden.
Ich kann mich nicht entsinnen, dass – vielleicht abgesehen von der kurzen Euphorie der «internet bubble» von 1999 – jemand behauptet hätte, werbefinanzierte Online-Nachrichten seien eine Goldader. Aber es gibt natürlich inzwischen zahlreiche Beispiele, die sehr profitabel sind.

Können Sie solche nennen?
In den USA haben in den letzten Jahren werbefinanzierte Inhaltsanbieter bei Verkäufen mehrstellige Millionenbeträge erlöst, wie etwa die «Huffington Post» beim Verkauf an AOL. Aber auch im deutschsprachigen Raum macht etwa das international bekannteste deutsche Nachrichtenangebot «Spiegel Online» schöne Gewinne, wie man hört. Das über Jahrzehnte sehr profitable Zeitungsgeschäft mit Oligopolen oder gar regionalen Monopolen hat halt alle verwöhnt, da hat es jedes andere Modell schwer.

Welches sind denn, ausgehend von dieser unternehmerischen Challenge, die anderen grossen Knacknüsse im Businessmodell bei der Übertragung von Zeitungsinhalten auf digitale Kanäle?
Die grösste Knacknuss ist, das Angebot dem Leseverhalten anzupassen. Früher las man die Zeitung beim Frühstück oder auf dem Weg zur Arbeit – und dann war’s das in der Regel mit dem Nachrichtenkonsum bis zur «Tagesschau» am Abend. Heute wissen wir, dass viele Leute das Smartphone als Wecker nutzen und entsprechend im Bett das erste Mal die Nachrichten der Nacht anschauen. Dann auf dem Arbeitsweg und immer wieder zwischendurch am Arbeitsplatz. Die Mittagspause war ein Online-Jahrzehnt lang eine «Peakzeit», verliert aber nun diese Stellung, denn durch die mobilen Geräte haben die Menschen das Internet immer bei sich, einfach auf verschiedenen Geräten mit unterschiedlichen Bildschirmgrössen.

Das heisst also, dass für jede Bildschirmgrösse unterschiedliche Auftritte programmiert werden müssen, die vom PDF über die App bis hin zum interaktiven Zeitungsmodell reichen? Entstehen da also völlig unterschiedliche Auftritte unter demselben Brand? Oder anders gefragt: Müssen sich die Zeitungsinhalte der Technik unterordnen?
Das ist eine gute Frage, die bis jetzt noch nicht definitiv beantwortet ist. Der Erfolg unseres E-Paper-Angebots auf dem iPad zeigt einerseits, dass viele Leserinnen und Leser heute noch die Zeitung als Bündelungsform wünschen. Das Format ist ihnen vertraut, sie bevorzugen es aber ortslos bzw. je nach Gelegenheit manchmal auf Papier, manchmal elektronisch. Aber das dürfte für viele Nutzer letztlich nur ein Zwischenschritt sein. Denn je länger der Tag fortschreitet, desto weniger will man den Stand des Vorabends lesen.

Wie also sähe dieser Kompromiss aus verlegerischer Optik aus?
Die Zukunft könnte eine Art Live-Paper auf dem mobilen Endgerät sein: Zeitungsqualität, rund um die Uhr aktualisiert. Ob die Inhalte dabei je nach Bildschirmgrösse variieren sollen oder ob gilt: «Ein Angebot auf allen Plattformen», wird sich zeigen. Unsere Arbeitshypothese derzeit ist Letzteres.

Analysieren wir diese Inhalte näher. Ketzerische Stimmen monieren ja, Online-Inhalte seien weniger tiefschürfend recherchiert und könnten daher eine Marke qualitativ unterwandern. Wie kontern Sie den Vorwurf?
Wieso Vorwurf? Das ist eine Tatsache. Wo Online- und Print-Redaktionen getrennt arbeiten – also in den meisten Verlagen –, sind Online-Ableger meist nur mit einem Bruchteil der Ressourcen dotiert. Wie wollen Sie mit einem Zehntel der Leute rund um die Uhr ein Angebot erbringen, das mit einer sechs Mal die Woche erscheinenden Zeitung mithalten kann? Die bis heute noch geltende Aufteilung Print/Online war ein Konzept für das erste Online-Jahrzehnt. Es wird nun aber reihum den neuen Nutzungsgewohnheiten angepasst.

Trotzdem nachgehakt: Also doch die Gefahr eines qualitativen Bruches zwischen den beiden Inhalten?
In der Tat kann sich ein schlechter Online-Auftritt auf die Wahrnehmung der gesamten Marke auswirken. In Deutschland gibt es gut sichtbare Beispiele dafür. NZZ-Online aber hat immer seriösen News-Journalismus erbracht, daher sehe ich bei uns bis jetzt keine negativen Auswirkungen auf die Marke, vor allem da wir künftig auch personell aufstocken können.

Ich resümiere also: Der vielzitierte Qualitätsjournalismus ist auch beim Online-Auftritt die entscheidende Leitplanke. Eine NZZ kommt folglich auch auf digitalen Kanälen, was die Relevanz der Themen betrifft, künftig nie wie eine Gratiszeitung daher?
Eine Zeitlang war man der Meinung, die Leute wollten im Netz nur Anspruchsloses lesen, aber das ist inzwischen klar widerlegt. Die deutsche «Zeit» unterstreicht das eindrücklich mit ihrem Angebot «Zeit Online», das sehr seriös daherkommt, aber selbstverständlich anders als die Wochenzeitung. Auch die NZZ muss auf jedem Kanal ihr Markenversprechen einlösen, seriös und kompetent zu informieren, wobei es durchaus kanalspezifische Eigenheiten geben kann.

Dann stellen Sie konsequenterweise an einen Online-Redaktor auch die gleichen Anforderungen wie an jenen, der für die gedruckte Zeitung arbeitet?
Man muss jedes Angebot refinanzieren können. Online ist als Medium noch gar nicht so alt, wie viele Print-Journalisten schon bei einer Zeitung arbeiten. Das ist wohl auch der naheliegendste Grund für allfällige Einkommensunterschiede. Wenn aber elektronische Medien dann so ertragreich arbeiten wie Zeitungen, wüsste ich nicht, wieso man die Journalisten schlechter bezahlen sollte.

Dieses Argument müsste ja dann wohl auch umgekehrt gelten?
Ja. Wenn Zeitungen einmal weniger Geld verdienen, wird man auch Print-Journalisten weniger bezahlen können – oder weniger von ihnen beschäftigen, was vielerorts schon geschehen ist. Viele Journalisten aller Sparten könnten bekanntlich in anderen Branchen, etwa im PR-Bereich, mehr verdienen; es ist nie verkehrt, wenn man seinen Beruf vor allem als Herzensangelegenheit sieht.

Wenn es ums Geld geht, dann muss auch von einem zweiten Pièce de Résistance beim digitalen Medienkonsum gesprochen werden: von der Paywall, hinter der Lesen etwas kostet. Glauben Sie, dass die an Gratiskultur im Netz und beim News-Konsum gewöhnten Nutzer sich auf Bezahlmodelle umerziehen lassen?
Diese berüchtigte «Gratiskultur im Internet» ist doch vor allem ein Schlagwort. Ich gebe fast jeden Tag Geld im Internet aus. Für Software, für Services, für Musik, für Filme und so weiter. Zugegeben, für aktuelle Nachrichten in der Regel nicht. Deswegen können wir auch das heutige NZZ-Online nicht kostenpflichtig machen.

Sie meinen, dass für reine Online-News nie bezahlt werden wird?
Ja, aber die «Neue Zürcher Zeitung» und die «NZZ am Sonntag» bieten ja eben deutlich mehr als nur News. Ich bin daher überzeugt, dass es in unserer Zielgruppe eine Zahlungsbereitschaft geben wird. Allerdings wird man dann strenggenommen wohl weniger für Inhalte zahlen als für eine Dienstleistung. Ein Student zum Beispiel kann es sich leisten, eine halbe Stunde zu suchen, bis er etwas gratis findet. Ein Berufstätiger zahlt dagegen hoffentlich lieber weiter sein Abo, damit die NZZ-Redaktion ihm diese Arbeit abnimmt.

Wie sieht denn nach Ihrer Prognose der künftige Zeitungsalltag aus? Gibt es ein friedliches Nebeneinander von Print und Online? Oder müssen wir gar davon ausgehen, dass die gedruckte Zeitung mittelfristig ausstirbt?
Das weiss niemand. Ich vermute, dass es die Tageszeitung auf Dauer schwer haben wird, weil der Prozess der nächtlichen Produktion und Distribution aufwendig und teuer ist. Und je mehr Leute ins Digitale abwandern, desto mehr müssen die verbleibenden Zeitungsleser zahlen. Aber wie gesagt, ich lasse mich zu keinen Prognosen hinreissen. Und es muss für einen Verlag auch egal sein: Wir sind schlicht und einfach verpflichtet, innovative Vertriebs- und Geschäftsmodelle aufzubauen, die es uns ermöglichen, auch ein Szenario ohne gedruckte Zeitung zu bewältigen. Dann können wir der Entwicklung gelassen entgegensehen.

Lassen sich denn die Rückgänge bei der Print-Leserschaft überhaupt durch den Einsatz mobiler Devices als alternative Plattformen substituieren?
Natürlich, denn die Menschen werden sich ja weiter darüber informieren wollen, was in der Welt passiert. Und sie werden, soweit wir das heute beurteilen können, auch weiter Selektion und Einordnung wünschen. Ich bin sogar überzeugt, dass wir in Zukunft viel mehr Kontakte zu unseren Leserinnen und Lesern haben werden, weil der Nachrichtenkonsum sich über den ganzen Tag verteilt.

Noch eine Frage zum Businessmodell nachgereicht. Bekanntlich erodieren die Inserateeinnahmen im traditionellen Zeitungsgeschäft stark. Rechnen Sie damit, dass sich der Rückgang angesichts weit tieferer Tarife bei der Online-Werbung überhaupt jemals auffangen lässt?
Wie gesagt, die Verlage waren lange in einer äusserst glücklichen Situation mit sehr guten und stabilen Renditen. Sie fragen mich, ob ich glaube, dass sich dieser Zustand in der digitalen Welt wieder einstellt? Nein. Und glaube ich, dass man mit Nachrichten weiterhin Geld verdienen kann? Ja. Es wird nur alles sehr viel komplizierter, und alle in der Branche sind noch am Üben.

Die traditionelle Zeitung lebt ja vom Stammleser. Kann denn digital überhaupt eine solche Identität hergestellt werden, die all jene Vorzüge der Markentreue umfasst, wie wir sie kennen? Oder anders gefragt: Wird es angesichts der flüchtigen Rezeption auf den elektronischen Kanälen in einer Vielzahl von Communitys überhaupt künftig noch so etwas wie die traditionellen Stammleser einer Zeitung geben?
Auch das ist schwer zu sagen. Ich glaube, im Netz wird es beides geben: die als «long tail» bekannte Fragmentierung, aber auch weiterhin die quasi natürliche Tendenz zum Massenmedium. Die Menschen sind gesellig und versammeln sich gern mit vielen anderen an einem Ort, auch an einem virtuellen. Die Zugehörigkeit von Stammlesern zu einem digitalen Medienangebot kann wegen der vielen Interaktionsmöglichkeiten sogar enger sein als bei der herkömmlichen Zeitung. Allerdings braucht es dazu auch interagierende Journalisten.