29.10.1990

Heute Jubiläum gehabt: 16 Jahre Schweiz.

Am 29. Oktober 1990 begann das erste Semester.

Ich war vorher nur einmal in St. Gallen gewesen, im April zuvor. War einmal durch die Uni gelaufen; es waren Semesterferien, alles sah friedlich aus, wie mein Gymnasium in etwas grösser. Wenn man mal als Deutscher nur mal schnell in oder durch die Schweiz fährt, denkt man leicht, das ist ja so ähnlich wie in Bayern: Man kann alles lesen, sie sprechen nur ein wenig anders, haben ein paar komische Wörter. Zusätzlich haben die Autobahn-Schilder die falsche Farbe – insgesamt kann man sich bestimmt schnell an all das gewöhnen.

Die Realität sieht, wie viele wissen, etwas anders aus. Die erste Ahnung bekommt man schon, wenn man die Ansagen im Bus im St. Galler Dialekt hört (wobei ich damals noch nicht wusste, was die Eigenarten des St. Galler Dialekts sind und wie er sich zu den anderen Schweizer Dialekten verhält). Als nächstes geht man zu einer ersten privaten Party, bei der nur Schweizer sind (plus zwei Schwaben mit Süd-Vorteil) und versteht keinen Menschen. Keinen Witz, wirklich gar nichts.

Die Telefonrechnung kam damals nur alle zwei Monate (etwa 13 Jahre später erfuhr ich von meinem Kunden Patrick Schmitter von Swisscom Fixnet den Grund: Die PTT hatte damals nur ein Zentrum, an dem die Rechnungen gedruckt wurden, man druckte für die ganze Schweiz „reihum“ und schaffte nicht mehr als sechs Rechnungsläufe pro Jahr und Anschluss). Meine erste Rechnung für zwei volle Monate – Januar/Februar 1991 – betrug 1020 Franken. Heimweh war damals noch sehr teuer…

Und so weiter und so fort. Blogs und Foren und Artikel über Deutsche in der Schweiz gibt es ja nun wirklich genug, dazu ist alles gesagt.

Heute, 16 Jahre später, fühle ich mich in der Schweiz deutlich mehr zuhaus als irgendwo anders, ganz sicher als in Deutschland. Wobei der Ort, an dem ich mich am allerwohlsten fühle, der Zürcher Hauptbahnhof ist. Dort würde ich gern im Obergeschoss wohnen (aber da ist schon die Kapo).

Die Busse der Verkehrsbetriebe St. Gallen dagegen, immer noch mit demselben Sprecher vom Band, haben irgendwie für mich ihren bizarren Groove bewahrt. Vielleicht muss ich den Herrn mal kennenlernen, als Aufarbeitung meiner Vergangenheit.

7 Gedanken zu „29.10.1990“

  1. …beim Sprecher in den Bussen handelt es sich um Jeannot Lucci (langjähriger Radiosprecher bei Radio Aktuell „Oldies mit Jeannot Lucci“;-) Ist heute glaube ich irgendow in der Toscana zuhause.

    Cheers, Will

  2. Will: Danke, das ist ja lustig. Hätte wahrscheinlich auch andere St.Galler fragen können, bin aber nie auf die Idee gekommen.

    Marcel: Drei Jahre Kalifornien klingt irgendwie cooler.

  3. Stimmt, die Kirchlistrasse 1 ist ja auch so schlecht ans öffentliche Netz angebunden, bis zur Haltestelle „Sonne“ sind es sicher 20 m, oder? :-)

    (Muss ehrlich zugeben, fahre auch immer mit dem Auto durch Rotmonten, weil Busfahren mit Kind und Kinderwagen doch nervig ist.)

  4. BTW, besagtes Rechenzentrum der damaligen PTT (bzw. später Telekom) steht in meiner Heimatstadt Ostermundigen und in genau diesem Rechenzentrum hat mein Vater damals als Geek gearbeitet…

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