DLD: „Where are the editors?“

(Den Post kann ich leider erst mit einem halben Tag Verspätung abschliessen. Ohne funktionierenden Online-Zugang kann ich leider nicht livebloggen. Der Vorteil ist andererseits, wenn man ein bisschen wartet, dass alle Profi-Fotos bei Flickr sind, und ich mein nicht mein Laiengeknipse nehmen muss. Ach, was wäre das schön, wenn auch jemand die Slides zu Flickr hochladen würde.)

Bin beim Panel „Where are the editors?“ – als Untertitel kann man sich laut der Einführung von Moderator Jochen Wegner aussuchen: „news without mediators“ oder „media without journalists“. Das Panel findet im Keller statt, das WLAN connected, disconnected, connected, disconnected – schlimm. Wenn ich nichts nachschauen kann, muss ich alles nacheditieren.

366424095 48c5ff72e8Tariq Krim von Netvibes beginnt (Foto von ihm während dieses Panels, das ich nicht verwenden darf) . Er scheint ein bisschen nervös: „This will be my first presentation on a Mac. I just switched a few days ago.“ Schon wieder einer. (Finde, er sollte andere Übergänge nehmen als die Schrift, die einem aus dem Slides entgegenfährt.)

Sie haben 10 Millionen User nach 15 Monaten. Durch Mithilfe der User wurde Netvibes in 80 Sprachen übersetzt.

Trends und Erfolgsfaktoren von Netvibes seiner Meinung nach:

  • – end of the web page
  • – end of the browser
  • – „deportalization“: man kann sich demnächst aus grossen Portalen aussuchen, welcher Bereich einen interessiert – z.B. ich will nur die Section „International Politics“ auf meiner Seite haben.

Das mit der „Deportalization“ ist ein guter Punkt (klingt allerdings ein bisschen nach Deportierung). Ich könnte bei Spiegel online nur Politik und Netzwelt rausziehen, dann würde ich nie mehr Panorama sehen müssen.

366402116 684b76283c bJim Spanfeller von Forbes.com – erfolgreichste Medienwebsite der Welt mit 20 Millionen unique users pro Monat. Eigentlich sagt er nur einen Satz: „The role of the editor will always be important.“ Forbes macht regelmässig Umfragen, welches Medium die Leute am Morgen als erstes nutzen – jahrelang natürlich die Zeitung holen. 60% der Leute sagen heute, sie gehen zuerst ins Web. Wissen wir aber auch schon.

Craig Newmark tut mir schon den ganzen Tag etwas leid, weil er hier rumschleicht und offenbar niemanden kennt und niemand ihn kennt. Hab schon zu ein paar Leuten gesagt, hey, da ist Craig Newmark, und alle antworteten nur: „Wer?“ – Ich: „Der von Craigslist.“ – „Wo-von?“ (Dazu passt auch, dass es bei Flickr kein einziges Foto von ihm an der Konferenz ginbt. Muss mein eigenes nehmen.)IMGP0058

Craig fängt an zu reden: „Something that I started some five years ago is this Craigslist thing…“ und hat schon meine volle Bewunderung. Er erklärt, wie die Firma seiner Meinung nach funktioniert: „There’s our CEO Jim Buckmaster and me who are trying to run it. There are no MBAs or anything like that on the team, we just do what we feel is right.“ – „We now have 6 Billion pageviews a month.“ 6 Milliarden! Wow.

Da es hier um user generated content geht, erklärt er, wie „Flagging“ funktioniert. Wenn genug Leute ein Post als „abusive“ flaggen, wird es entfernt. Die Software versucht ausserdem, Muster zu erkennen, so dass den Admins auch Posts gemeldet werden, die noch nicht geflagged wurden. Er sagt, er habe das gerade vorher wieder gemacht, denn er arbeitet als Customer Service Rep (!) bei Craigslist. (Der Chef und Namensgeber macht selbst Support. Man stelle sich das etwa bei Sevenload vor, dessen CEO hier auch wieder sehr geschniegelt herumsteht – mit genau der gleichen Körperhaltung wie auf seiner Website.)

Craig spricht von Spam und Scam (Betrug), dem sie auf diese Art begegnen wollen – dann plötzlich ein Exkurs: Er entschuldigt sich, dass sie vor einiger Zeit auf diesen auf diesen Scam reingefallen sind, der jetzt so schwer wieder loszuwerden ist (bis dahin denkt man noch, er rede von Craigslist) mit diesen „Weapons of Mass Destruction“ (er meint den Irak-Krieg). Aber jetzt seien sie daran, diesen Scam ein für alle mal loszuwerden. Applaus auf offener Szene.

Er redet noch weiter, frei, aber mit einem kleinen Spickzettel in der Hand, und klingt die ganze Zeit leicht ausser Atem, als wäre er etwas aufgeregt, vor Publikum zu reden. Am Ende scheint er froh, dass er es hinter sich hat, und sagt zusammenfassend: „Well, I could go on like that forever and hear my voice for hours, but that’s it.“ Der sympathischste Internetstar, den ich je gesehen habe. (Allerdings wusste ich da noch nicht, dass direkt danach Arianna kommt.)

Caterina Fake von Flickr ist schwanger (stimmt, habe sie vorhin auf der Empore gesehen, wir passsten knapp aneinander vorbei) und musste sich ein wenig hinlegen. (Einen Tag später rannte sie wieder umher, also kein Grund zur Sorge.)

366424072 4a9c0bac19Arianna Huffington ist in Griechenland geboren und spricht Englisch mit einem ziemlich deutlichen Akzent. Sie hält eine sehr politische Rede und bashed die alten Medien, wo es nur geht. Sie bezeichnet den Morgen, als die New York Times eine Geschichte über Saddam Husseins Suche nach Aluminiumröhren zur Anreicherung von Uran auf der Titelseite hatte, als den „Tiefpunkt der alten Medien“. (An dieser Stelle werde ich abgehängt, weil ich den Artikel suche – hier ist er auf einer privaten Website – aber sowohl mit WLAN als auch mit UMTS scheitere. Schade, denn Arianna hält eine feurige Rede gegen die etablierten Medien, und sie ist sehr, sehr direkt.

In der Einleitung sagt sie, sie haben 800 Blogger, alle sind unbezahlt. Dann aber, sie habe soeben die ersten beiden politischen Reporter bei der New York Times und bei Newsweek abgeworben. Wirklich abgeworben, indem sie gesagt hat: „Kommt zu mir, ich zahle auch nichts“? Das muss ich nochmal genauer rausfinden.

Sie hat Arthur Schlesinger überredet mizubloggen – er faxt seine Beiträge. Jemand anders hat mal seine Notizen auf ein paar vollgeschriebene Seiten auf einem Notizblog persönlich vorbeigebracht, und ein Editor hat sie abgetippt. Esther Dyson (sitzt in der ersten Reihe, moderiert morgen ein Panel) hat gerade angefangen, für Huffingtonpost zu bloggen.

IMGP0058David Sifry von Technorati (anderes Foto, das ich nicht verwenden darf) . Erzählt überhaupt nichts Neues, ich habe ihn allerdings auch neulich erst in Paris gesehen, und wer erzählt schon alle paar Wochen was Neues. (Es sind diverse Leute hier, auch in Paris waren, auch Martin Varsavsky, der neben mir sitzt – wenn ein paar davon auch noch nach Genf zur lift kommen, sehe ich sie dreimal in zehn Wochen und damit öfter als viele Freunde.)

In der Fragerunde kommt dann doch noch was. Der Moderator sagt: „Someone said no design is the best design, like at Google.“ Da muss David aber auf das heftigste widersprechen: Wenn Ihr denkt, Google hätte kein Design, habt Ihr keine Ahnung. Die machen Usability-Testing, Prototyping, Eyetracking und so weiter. Die Ergebnisseite von Google sei ein Designwunder („design marvel“).

Noch was. Offenbar gibt es neben den „80 Millionen Blogs“, die er immer zitiert (und von denen ja jeder sagt, ja ja, die meisten sind aber inaktiv und/oder irrelevant), eine Kategorie, die Technorati als relevant ansieht: die mit mehr als 20 inbound links. Von denen gibt es 3 Millionen. Immerhin. (Wobei man sogar noch sagen könnte, dass Technorati ja nur die Links aus Blogs zählen kann; aber wer 20 mal in klasischen Medien zitiert wird, wird’s natürlich in Blogs erst recht.)

Esther Dyson stellt eine Frage bzw. macht ein Statement und stellt sich sympathischerweise hinter dem Publikums-Mikrofon an. Nicht soHubert Burda (Foto währenddessen, das ich nicht verwenden darf). Er schnappt sich das Mikrofon, klettert auf die Bühne und hält eine zehnminütige, recht unstrukturierte Rede. Mir bleibt nur eins im Kopf: Als sie anfängen mit digitalen Medien, dachten alle, das wird nichts Relevantes werden. Heute machen sie eine Milliarde Umsatz mit „traditional media“ und etwa 500 Millionen mit „digital media“.

Holm Friebe stellt auch noch eine Frage zu Businessmodellen für Blogs (Du weisst, Du bist bekannt, wenn Dein Foto bei Flickr vom Fotografen mit Deinem Namen versehen wird). Er löst nochmal eine ganze Runde von Antworten vom Panel aus.

David Sifry antwortet. Er nennt die oberste Ebene die Spitze des Eisbergs: „direct compensation“ (Adwords, affiliate marketing, Federated Media etc.). „The other 99%“ (sind nicht bei einem Eisberg 6/7 unter Wasser?) sind die Blogs, die zu anderen Zwecken geschrieben werden: um sich Gehör zu verschaffen, um das eigene Consulting-Business zu fördern, um Einladungen zu Events wie zu diesem zu bekommen und so weiter. Es geht um Einfluss, und wer den bekommt, braucht kein Geld mehr oder bekommt das dann anderweitig.

Arianna sagt auch schon etwas sehr schönes: „Charging for content is not a good idea – unless you are charging for porn, and especially weird porn.“

Das Schlusswort hat Craig Newmark, als er nach seiner Exit Strategy gefragt wird. Er sagt: „My exit strategy is basically death.“

Fazit: Arianna Huffington und Craig Newmark sind ja sowas von cool, beide auf ihre Art. I’m a fan!

PS. Esther Dyson ist hier nicht richtig aufgetreten, aber auch sehr cool, wie sie in der Pause dasitzt und bloggt:

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Fotos: Ulf J. Froitzheim (3), Peter Hogenkamp (2) (die beiden, denen man es ansieht :-)

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