Hausdurchsuchung: not pretty

Aus aktuellem Anlass und weil Sixtus über die Uhrzeit twitterte. Mir hat das mit den Hausdurchsuchungen mal ein Hauptmann der Zürcher Kantonspolizei erklärt.

Hausdurchsuchung Klaus Zumwinkel
Abtransport der beschlagnahmten Akten vor dem Haus von Post-Chef Klaus Zumwinkel heute morgen (Foto Keystone, Martin Meissner)


Sie versuchen immer zu kommen, wenn man noch zuhaus ist, am besten noch schläft. Wer schläft, kann nicht schnell noch was in den Aktenvernichter schieben, wenn die Autos vorfahren, nehme ich an. In Deutschland also um sieben, wie heute gesehen, in der Schweiz lieber um kurz vor sechs.

Sie kommen mindestens zu fünft. Wenn es irgendwo in einem Kaff ist, ist immer der Gemeindepolizist als Vertreter der lokalen Polizei dabei (der den Durchsuchten dann vermutlich persönlich kennt), zwei Polizisten, zwei Leute von der Staatsanwaltschaft. Der Hausherr öffnet in Unterhosen die Tür, die Obrigkeit schiebt ihn an die Seite und fängt an mit Beschlagnahmen. Meist wird vermutlich nicht wirklich durchsucht, wie man es aus Filmen kennt (alle Schubladen aufziehen, hinter den Bildern den Tresor suchen), sondern einfach flächendeckend alles mitgenommen, was nach Datenträger aussieht – siehe auch bei Zumwinkels. (Ich frage mich, ob die Umzugskiste und die Weinkiste vom Schloss Vollrads – Claim: „Phönix aus der Flasche“! – aus Zumwinkels Keller oder von einem der Staatsanwälte stammt.)

Das heisst, man steht hinterher ohne Ordner (das könnte ich persönlich gut verkraften) und ohne Computer da, und zwar zuhaus und im Büro. Und natürlich auch ohne Backup, weil sie die USB-HD auch mitnehmen. Der schönste Disaster-Recovery-Plan hilft also nichts, es sei denn, man hat Offsite-Backups, die weder zuhaus noch im Büro liegen.

Interessant zu wissen wäre an dieser Stelle, ob sie die Apple Time Capsule auch schon als Storage-Device erkennen. Wäre doch sonst ein super Verkaufsargument für Steuerhinterzieher.

Das ganze sei überhaupt keine schöne Sache, wenn man dabei sei, vor allem, wenn der Betroffene Kinder habe, die aufwachen und sich verstört fragen, was da vor sich geht mit den fremden Männern im Haus. Meinte, wie gesagt, alles der Herr von der Kapo. Das Zumwinkel-Aktenabschleppfoto von heute ist nur ein Symbolfoto für diese eineinhalb Jahre alte Geschichte (die er mir damals nach den Swissfirst-Hausdurchsuchungen erzählt hatte).

Sixtus hat also recht: Lieber Steuern zahlen, oder zumindest zusehen, dass man diese Eskalationsstufe nicht erreicht.

13 Gedanken zu „Hausdurchsuchung: not pretty“

  1. Sehr interessant, das Video.

    Bin allerdings gespannt, wann ein gewisser anderer Blogger (wink….info) es entdeckt und wieder lustige Schlüsse auf das politische Umfeld hier zieht.

  2. Andreas, Danke auch von meiner Seite für das verlinkte Video. Ebenso informativ wie unlustig!

    Was ich hier vermisse, ist der „spezifische Lichtensteiner Stiftungs-Aspekt“.

    Damit das nicht falsch verstanden wird, was ich meine: für mich ist Datenschutz, Informationsfreieheit und Selbstbestimmung ein sehr sehr hohes Gut — und vieles, was praktiziert wird in Sachen Durchsuchung sehr bedenklich. (Das erlaube ich mir anhand Blogs und Beiträgen zu sagen.. bzw einem Fall im persönichen Umfeld).

    Was ist passiert (Quelle hier: die Tagesschau).

    Ein Mitarbeiter einer Lichtensteiner Bank hatte dem BND eine Diskette (O-Ton..) zugespielt mit Daten und Konten darauf.
    Der BND hat das an die Steuerbehörde weitergelitten und die wühlt nun massiv…

    Trifft es hier einen unschuldig schickanierten Bürger?

    Ganz ehrlich und auch wenn ich mich unbeliebt mache:
    Wenn — und es sieht genau danach aus — das die Spitze des Eisberges ist, was diverse Stiftungen angeht, dann will ich den ganzen Eisberg sehen!

    Und noch mehr solche Bilder von Hausdurchsuchungen von Millionen schweren SPITZEN-MANAGERN, die einfach weder Skrupel noch Moral haben…

    @Peter: Meine Kritik kann man so zusammen fassen:
    Gutes Thema, wirklich gute Beiträge!
    Falsche bzw unpassende Referenz (Zumwinkel)…

    Da bleibt einfach — wenn auch vielleicht nicht so gewollt — ein bitterer Nachgeschmack von „Solidarisierung mit aktuell denen in der Lichtenstein-Sache, die es in Sachen Hausdurchsuchung erwischt“

    Schöne Grüße,
    Thomas

  3. Nachtrag:
    http://www.tagesschau.de/wirtschaft/zumwinkel80.html

    Aha — edel sei der Mensch, hilfreich und gut — und das gegen ein geringes Entgeld in Millionenhöhe (die Rede ist vom Informanten).
    Kleines Detail am Rande: die Diskette ist nun doch eine CD-Rom…

    *Kopfschüttel*

    Was ist das für ein Spiel?

    Mir ist klar, dass weder ich noch sonst ein Normalsterblicher jemals den ganzen Eisberg zu Gesicht bekommen…

    Ebenso, wie es auch weiterhin wohl viele Hausdurchsuchungen geben wird, die zweifelhaft sind… nicht unerhebliche Beträge von nicht unerheblich gierigen Spitzenverdienern unterschlagen werden… und nicht unerhebliche Anteile an Belegschaft eben dann entlassen werden, wenn die Umsätze (nicht unerheblich) steigen…

    Und die Moral von der Geschichte auch morgen und übermorgen lauten wird: ES GIBT KEINE!!

  4. @ThomasK: Wieso eigentlich betreuen die meisten Länder bei der Steuerhinterziehung Symptombekämpfung anstatt die Ursachen für die Steuerbekämpfung zu beheben? Mit einem freundlicheren Steuerklima würde auch Deutschland im Ergebnis vermutlich mehr Steuern ausgeben und könnte auf einen wesentlichen Teil der heutigen Steuerrepression verzichten?!

  5. Der Hausherr öffnet in Unterhosen die Tür, die Obrigkeit schiebt ihn an die Seite und fängt an mit Beschlagnahmen.

    ? ich sehe, hier gibt es noch ein wenig Beratungsbedarf! ;)

  6. Danke. „Lichtenstein“ hat in den letzten paar Tagen Zehntausende von neuen Google-Treffern gewonnen. Und schliesst damit bald auf zur in Deutschland auch beliebten „Schweitz“.

  7. Grrrg.. er hat mich erwischt.
    Kostenlose Alternativ-Schreibweisen-SEO durch Kommentare… :-)

    „Watt is datt denn – da liecht-en-Stein?“

    @MDS – für wahr!
    Und wieso ist dieses Steuersystem so kompliziert und ermöglicht überhaupt erst das „sich arm rechnen“?

  8. Nach einer etwas längeren Denkpause… die Frage an die Experten:

    Ist es nicht gut möglich, dass gerade jetzt die Schreibweise (analog der Sprechweise) Lichtenstein sogar vielleicht öfter gesucht wird oder auftaucht als die richtige?

    Begündung: derzeitige (TeleMedien-Schock)-Wellenaufbäumung im deutschsprachigen Raum durch die Gazetten und Blogsphere– meist ja mit Kommentarfunktion oder Forum etc… und natürlich der Hang zum Tippfehlerchen..als eine Art „Volkskonstante“ (sicher ein Dämpfungsfaktor
    *lach*)

    Wesentlich wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Einwohner Liehchtenteins zusammen kaum Suchmaschinen-statitik relevant auftauchen können…

    schöhne Grüsse

  9. @THOMASK
    Ich will das mal nicht hoffen, aber möglich wär’s.
    Hans-Joachim Rauschenbach hat beim Eiskunstlauf immerhin jahrzehntelang von „Tuhlupp“ gesprochen, bis keiner mehr wußte wie der Sprung nun wirklich ausgesprochen wird. Aus der Zeit, und früher, stammt auch die Aussprache „Pöb“ statt „Pab“ und „Pömps“ statt „Pamps“. Und Robert Biberti, der Bass der Comedian Harmonists, nannte den „Hudson River“ wie? Genau! „Hödsen“!

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