Radio 1: User-generated Format «My Song» eingestellt

Die Sendung «My Song» auf Radio 1, die mit User-generated Content von der Website arbeitete, wurde nach wenigen Monaten eingestellt.

Radio 1, der neue Sender von Roger Schawinski, ist seit einem halben Jahr auf Sendung, und sonderlich gut scheint’s an vielen Enden nicht zu laufen, unter anderem haben die Hörerzahlen nach starkem Anfang schon wieder stark nachgelassen.

Gestern las ich im Klein Report: „Radio 1 mit neuer Weekend- und Musiksendung“ und im Kleingedruckten (kein Wortspiel beabsichtigt):

Die beiden neuen Sendungen ersetzen «Planet Ambühl» und «My Song».

Moment, «My Song», das hatte ich mir doch angeschaut, als die Website live ging. Ach ja (man muss ein bisschen rumspielen mit dem Google Cache, bis man es wiederfindet, die meisten Pages sind umgeleitet, manche aber nicht), da konnte man einen Song quasi adoptieren und seine Geschichte dazu erzählen:

Radio 1, «My Song»: Song auswählen und adoptieren (Teil 1)
Radio 1, «My Song»: Song auswählen und adoptieren (Teil 2)

Fand ich gar nicht so schlecht gemacht, das hätte aus meiner Radio-Laien-/Web-Profi-Sicht durchaus funktionieren können. Allerdings reicht offenbar die kritische Masse eines Radiosenders mit knapp 100’000 Hörern nicht, um auf diese Art substanziellen Content zu generieren, weder qualitativ (die meisten Storys von Hörern waren ziemlich mau, manchmal stand dort einfach nur „genialer Song!“ oder sowas) noch quantitativ (für eine zweistündige Sendung jeden Samstag müsste man pro Woche vermutlich mindestens zehn sendefähige Beiträge generieren). Also hat man das ganze wieder eingestampft und durch das 08/15-Konzept «Jukebox» ersetzt.

Man könnte drei verschiedene Schlüsse daraus ziehen:

  1. Man kann argumentieren, User-generated Content sei eben immer noch überschätzt, sowas machen nur 5% der Leute, und von denen schreiben dann noch 5% etwas Gescheites, und so weiter.
  2. Man kann sagen, der «Build it, and they will come»-Ansatz funktioniert nicht; ein solches Konzept nur on the air in der Sendung selbst zu promoten (bin kein Radio-1-Hörer, aber vermute, dass es so gelaufen ist) ist eben zu wenig, sondern da hätte auch noch etwas Online-Marketing-/Social-Media-Zinnober rundherum dazu gehört, damit man wenigstens die Schnittmenge aus Radio-1-Hörern und Online-Publikationswilligen flächendeckend erreicht hätte.
  3. Schliesslich kann man sagen, dass das Konzept nur so halbmodern ist, weil nicht wirklich interaktiv; dass man auf einer «Dritt-Website» (also nicht im eigenen Blog) mit doch einigem Aufwand eine Geschichte eintöggelt, damit man dann vielleicht mal in einer regionalen Radiosendung am Samstag kommt, die kaum jemand hört – da stimmen schlicht Aufwand und Ertrag nicht. Radiohörer sind für sowas zu wenig onlineaffin, und Bloggern ist es zu doof.
  4. Ich weiss nicht, welche Argumentation die richtige ist, vermutlich alle drei. Trotzdem schade, wenn solche Versuche scheitern, denn wenn ich das richtig sehe, war «My Song» auch der einzige Grund, weshalb sich bei Radio 1 User registrieren sollten.

    So kann Schawinski – der noch vor einigen Jahren, OK, zugegeben, im Depressionsjahr 2001, wüste Tiraden gegen das Internet abgesondert hat – kommen und sagen: «Wir haben es versucht, die Leute wollen das nicht.» Und da bin ich eben nicht ganz sicher.

3 Gedanken zu „Radio 1: User-generated Format «My Song» eingestellt“

  1. Hallo Radiofreunde!
    Wie ihr sicher schon bemerkt habt gibt es einige hefftige Sendelücken bei CU-Radio.
    Dass hat auch seinen Grund! Gallileo, Mariechen und Tommy haben den Sender, teils begründet, verlassen!
    Wir wünschen ihnen an dieser Stelle alles gute und sagen auch Danke für eine tolle Zeit, mit viel Humor und Engagement!

Kommentare sind geschlossen.