Bin gesunder zurück

Bin nach meiner Kur seit gestern zurück im Büro. Alles prima.

Bin nach meiner Kur seit gestern zurück im Büro. Alles prima. Ich war ja nicht krank, also kann ich auch nicht wieder gesund sein. Deutlich gesunder fühle ich mich aber schon.

Natürlich werden mir immer die gleichen zehn Fragen gestellt, die ich daher gern hier beantworte — aber ich erzähle es natürlich auch weiter jedem, den ich treffe, gern persönlich.

FAQ

«Wie, Du bist schon wieder da? Ich dachte, das sei was Längeres?»
Keine Ahnung, wer das behauptet hat. Ich habe nie etwas anderes gesagt, als dass ich zwei Wochen dort bin und am 28. Januar wieder im Büro. Stand auch so in meiner Out of Office-Meldung, es gab also eigentlich wenig Interpretationsspielraum. Na ja, auch egal.

«Wo warst Du denn?»
Im Kurhaus Oberwaid in St. Gallen. Kann ich wärmstens empfehlen. Alles brandneu (und daher noch etwas leer, was sich vermutlich demnächst ändern wird), wunderschöne Lage mit Blick auf den Bodensee (wenn sich mal der Nebel verzieht, also zweimal in zwei Wochen), sehr schöne Zimmer, tolle Küche, topmodernes «Medical Center», sehr engagiertes Personal.

«Und was hast Du dort gemacht?»
Mich vor allem jeden Tag viermal bewegt: Strampeln auf einem stationären Ergometer, Physiotherapie (anstrengend wie bei Kiesers, nehme alles zurück, was ich über den Beruf dachte, sorry, @Lea Barmettler), Schwimmen oder sonstiges Aqua-Zeug, dreiviertelstündiger Spaziergang durch den Wald. Interessanterweise fand ich den Spaziergang am anstrengendsten und am zielführendsten, indem man jeden Tag Fortschritte dabei macht, wie man in den Wald hochkeucht. Was zeigt, dass man eigentlich problemlos auch ohne Kurhaus fitter werden könnte, indem man einfach mehr zu Fuss geht. Aber man macht es nicht, solange man sich nicht die Zeit für einen solchen Aufenthalt nimmt, also braucht man es doch wieder.

«Und zwei Wochen reichen?»
Keine Ahnung, das wird man sehen. Das wichtigstes Ziel ist ja, Verhaltensänderungen im Alltag zu realisieren. Daher ist weniger die Frage, was man in der Kur alles schafft, sondern was man danach beibehält. Für diesen schon im anderen Post erwähnten «Initialimpuls» reichen meiner Meinung nach zwei Wochen durchaus. Ich bin jedenfalls recht motiviert. Will aber auch den Mund nicht zu voll nehmen. Fragt mich also in einem halben Jahr nochmal.

«Und wieviel hast Du abgenommen?»
Ähm… Ist das nicht etwas indiskret? Also gut: Nur 3.5 kg. Es sollte aber auch keine Fastenkur sein wie weiland bei Helmut Kohl am Wolfgangssee. Die Mediziner waren total happy, dass das genau dem theoretischen Wert entsprach aufgrund von Bewegung und Ernährung. (Faustregel, dazugelernt: 7000 kcal mehr verbrannt als gegessen machen 1 kg Gewichtsabnahme aus. Alle anderen Schwankungen sind in der Regel temporär.)
Apropos Österreich, am besten fand ich das Feedback von Kurt W. Zimmermann, es gäbe eine Klinik bei Salzburg, «dort nehmen Sie 20 kg in einem Monat ab». Dr. oec. troph. Britta Wilms kann Ihnen zu diesem Vorgehen mal ein Feedback geben, wäre vielleicht auch mal was für die Bilanz-Kolumne. :-)

«Und was war nun die wichtigste Erkenntnis?»
Erstens das mit dem deutlich zu hohen Blutdruck, das hatte ich echt nicht gewusst. Zugegeben, das hätte man auch einfacher rausfinden können. Der ist in der kurzen Zeit jetzt schon deutlich gesunken. Habe mir jetzt einen Withings Blood Pressure Monitor gekauft und messe jeden Morgen. Nach wie vor ist immer das beste, wenn man einen Grund hat, sich neue Gadgets zu kaufen.
Zweitens der Cola-Zero-Entzug. Wow, den habe ich drei Tage gespürt, mit heftigen Kopfschmerzen. Das hätte ich nicht gedacht. Bin jetzt seit drei Wochen «clean» und werde dabei bleiben.

«Warst Du denn wenigstens die ganze Zeit offline?»
Das hatte ich hier schon geschrieben (letzter Absatz) und habe es so durchgezogen. Wenn man nicht antworten muss, finde ich ein paar Mails gelegentlich nicht sehr anstrengend. Generell offline zu sein und auch keine News mehr lesen zu können, keine Episodenguides von der Serie, die man gerade schaut, keine Wikipedia – das fände ich viel nerviger. Aber das muss wohl jeder selbst wissen.

«Also war es kein Burnout?»
Nö. Aber danke der Nachfrage.
OK, doch noch etwas ausführlicher: Wo ich schon mal dort war, habe ich natürlich so einen Anamnese-Fragebogen ausgefüllt, und auch wenn es keine quantitative Auswertung gab, fühlte ich mich aufgrund meiner Antworten deutlich im grünen Bereich. Natürlich habe ich auf die Frage: «Manchmal denke ich schon beim Aufwachen an die Arbeit» 5 von 5 angekreuzt, aber hey, das mache ich seit 20 Jahren so, egal bei welcher Arbeit. Es gab auch viele schöne Fragen, etwa, ob ich mich von meinem Vorgesetzten unterstützt fühle (5 von 5), oder ob ich Angst um meinen Job habe (0 von 5).
Wenn man beruflich und privat recht eingespannt ist, ist es sicher sinnvoll, sich über solche Mechanismen Gedanken zu machen und allenfalls frühzeitig Massnahmen einzuleiten. Was ich getan habe, worüber ich froh bin.

Meine eigene Joker-Frage: Warum schreibst Du das auf?
Weil ich fast ein Dutzend Feedbackmails bekommen habe von Leuten, die schrieben: Oh, ich glaube, das sollte ich auch mal machen, aber bin bisher nicht dazu gekommen.

Mein Tipp: Macht es. Bald. Eventuell auch nur eine Woche. Der «Leverage» der «Investition» für das eigene Leben scheint mir sehr beachtlich.

(Ich verspreche, diesmal allfällige Kommentare nicht erst nach zwei Wochen freizuschalten.)

Zwei Wochen Kur

Ich bin zwei Wochen zur Kur. Habe nichts Ernstes.

Ich bin seit Mitte letzter Woche für zwei Wochen zur Kur in einem Kurhaus in der Ostschweiz. Eine Abwesenheit spricht sich natürlich in Zürich herum, und vorhin kam per Twitter-DM der Besserungswunsch angesichts meiner «Erschöpfungsdepression» (aka Burnout). Eigentlich wollte ich den Ball flach halten und gar nichts kommunizieren, aber solche Gerüchte müssen ja nun doch nicht sein.

Das mit der Kur kam so: Ich war letzte Woche bei meinem Hausarzt und sagte: Puh, ich konnte die Weihnachtsferien gar nicht richtig geniessen, bin irgendwie etwas schlapp. Es stellte sich heraus, dass mein Blutdruck deutlich zu hoch war, was angesichts meines Gewichts keine echte Überraschung ist. Mein Arzt meinte, ich sollte mal einen «Initialimpuls» zur Gewichtsreduktion machen, die natürlich schon lange im Raum steht, und zwei Wochen zur Kur gehen. Gute Idee, meinte ich, ich schaue mal wegen eines Termins, vielleicht im Februar. Er rief bei einem Kurhaus in der Nähe an, und mit dem Hörer in der Hand fragte er mich: «Soll ich Sie also für morgen früh um 9 Uhr anmelden?» Ich war natürlich etwas übertölpelt, aber natürlich trotzdem noch Herr meiner Sinne, als ich spontan zustimmte. Der Januar ist eigentlich nicht so schlecht für einen kleinen Feriennachschlag; die Dreikönigstagung des Verbands Schweizer Medien zu verpassen habe ich denn auch gerade so verschmerzen können, vor allem dank der vielen Qualitätstweets der Anwesenden.

Und so bin ich hier also, in einem schönen Haus, dessen oberste vier Stockwerke wirken wie ein Hotel, dem man kaum ansieht, dass sich in den beiden Stockwerken darunter noch alle möglichen gesundheitsfördernden Einrichtungen verstecken, teils nüchtern-medizinisch, teils schöngeistig-wellnessmässig.

Es war eigentlich immer schon mein geheimer Traum, statt klassischer Ferien – man fährt mit den Kindern irgendwohin und ist mit deren Bändigung etwas so beschäftigt wie sonst mit der Bändigung der Mitarbeiter und Kollegen dem normalen Joballtag – mal zwei Wochen nur rumzuliegen, zu lesen und endlich mal bis zum Abwinken Serien zu schauen («Breaking Bad» – super Tipp via Facebook von Ibo Evsan).

Der Aufenthalt hier kommt dem sehr nahe. Natürlich fahre ich ein paarmal am Tag mit dem Lift runter nach U1 und habe Physiotherapie, Aqua Relax (wirklich relaxend, solange man nicht lachen muss) oder Ergolinetraining auf dem Bike, aber das ist alles sehr entspannend und lenkt nicht vom Erholen ab. Ich lese jeden Morgen drei Zeitungen (NZZ, Tagi, Tagblatt) – auf Papier. Sicher liegt es vor allem daran («Print wirkt!»), dass mein Blutdruck auch ohne Medikamente nur durch drei Tagen schon deutlich gesunken ist – und natürlich am sehr beruhigenden Plot von Breaking Bad.

Zur Sicherheit: Ich finde nicht, dass eine Erschöpfungsdepression etwas Ehrenrühriges wäre, im Gegenteil, meine aufrichtigen besten Wünsche gehen an jeden, der das hat oder mal hatte. Und es gibt natürlich durchaus ein paar Faktoren, die mich auch auf diese Schiene bringen könnten. Aber da das Buch darüber schon geschrieben ist, habe ich mich entschlossen, lieber deutlich vorher die Abzweigung zu nehmen, und darüber bin ich sehr happy. Ich kann so eine Pause nur jedem empfehlen, der in seinem Job viel um die Ohren hat.

Noch ein Wort zu Online vs. Offline: Natürlich haben mir alle Mitarbeiter gesagt: Lass bloss alle Geräte zuhaus. Das habe ich nicht gemacht, sondern habe sie dabei, nutze aber Büro-Features wie E-Mail und Kalender sehr wenig. Ich lasse das iPhone bei allen Anwendungen im Zimmer und schaue meine Mails nur alle paar Stunden an. Am Wochenende habe ich mal locker zwei Stunden Newsletter abbestellt etc., was schon fast eine kontemplative Wirkung hat. Den Laptop nutze ich wie gesagt fast nur für Videos, das iPad hatte ich noch gar nicht in der Hand. Ich glaube, ich fände es stressiger, ganz abgeschnitten zu sein, als gelegentlich mal reinzuschauen, was läuft, und festzustellen, dass wenig läuft – und selbst wenn, dank Out-of-Office-Meldung erwartet niemand eine Antwort. Bisher bin ich jedenfalls mit «wenig online» ganz happy.

Am 28. Januar bin ich in neuer Frische wieder Büro. Und relaxen hin oder her, ich freue mich natürlich jetzt schon darauf.