Prozentrechnung im Media Markt Friedrichshafen

Habe es schon getwittert, aber die Geschichte ist es wert, nochmal in Ruhe erzählt zu werden.

Vorgeschichte
Vor einigen Wochen hatte ich im Media Markt Friedrichshafen eine DVD und ein HDMI-Kabel von Hama für 11,99 ? gekauft, zusammen rund 36 ?. Vor der Tür merkte ich, dass das Kabel das falsche war; der Halter, an dem es gehangen hatte, war falsch beschriftet gewesen. Also wieder rein, der richtige Halter war leer, Verkäufer gesucht, der sagte, dieses Kabel sei ausverkauft, aber unten im Bückbereich gebe es doch dasselbe noch für 2,99 ?. Ich erfreut das falsche teure gegen das billige richtige umgetauscht, an der Kasse 9 ? abgeholt und danach noch einen grünen Zettel für die Rückerstattung der Mehrwertsteuer (ein beliebtes Hobby von in der Schweiz wohnhaften Leuten in Deutschland). Danach den Sachverhalt vergessen bis gestern, als ich die Mehrwertsteuer wieder abholen wollte.

Gestern also wieder im Media Markt Friedrichshafen, zur Information. Normalerweise können die dort tätigen Damen die Mehrwertsteuer natürlich auf dem Kassenzettel ablesen, in meinem Fall aber nicht, weil ich zwei hatte, auf dem einen, «grossen» stand «MwSt. 19% 6,70 ?», es war aber ein Artikel über 11,99 ? gestrichen, und der andere war Kassenzettel endete mit der Auszahlung von 9 ?. Die junge Frau war sichtlich irritiert und wusste nicht, was sie tun sollte.

Ich sagte, ich bekomme die Mehrwertsteuer auf 36 minus 9 Euro. Sie versuchte, dagegen zu argumentieren, dass sich die Auszahlung der 47 Cent auf dem kleinen Beleg gar nicht lohnte. OK, stimmte ich der Vereinfachung der Situation zu: «Von mir aus können Sie den kleinen auch vergessen.» Etwas Erleichterung. Sie nahm also den Taschenrechner, so einen A5 grosses Plastikmonster aus dem Schäfer-Shop, und rechnete.

Während des folgenden Gesprächs wirde mein Sohn etwas ungeduldig, und die Frau musste immer wieder auf einen Knopf drücken, um nichts kaufende Kunden aus dem Laden zu lassen. Vielleicht lag alles daran.

Nach einer Weile kam sie zu einem Ergebnis: «Die Mehrwertsteuer ist 20 Cent.»
Ich: «Was? Das stimmt nicht.»
«Hab ich aber ausgerechnet.»
«Dann haben Sie etwas Falsches gerechnet. Sie müssen von den 36 Euro 9 Euro abziehen und dann davon die Mehrwertsteuer ausrechnen.»
«Wieso 9 Euro? Sie haben doch etwas für 11,99 Euro umgetauscht.»
«Ja, aber etwas für 2,99 gekauft.»
«Wir haben doch gesagt, die Mehrwertsteuer vom anderen Beleg wollen Sie nicht.»
«Also gut. Dann ziehen Sie eben 11,99 ab.»

Sie rechnete wieder. Mehrfach. «Ich komme immer noch auf 20 Cent.»

Ich, immer noch recht freundlich: «Der Nettobetrag ist der Bruttobetrag durch 119 mal 100. Die Differenz ist die Mehrwertsteuer.» Grosse Verwirrung. Ihr Kollege erkannte im Vorbeigehen die Situation, sagte: «Du musst durch 1,19 teilen» und ging sofort weiter.

Ich (ohne Taschenrechner): «Es kommen etwa fünf Euro raus. 36 minus 12 ist ungefähr 25, die Mehrwertsteuer ist ungefähr ein Fünftel, es müssen also um fünf Euro sein.»

Keine Reaktion ausser weiterem Tippen. Dann ein Ergebnis: «Die Mehrwertsteuer ist 23,82 Euro.»

Ich, etwas zögerlich: «OK?» Sie, schnell: «Gut, dann zahle ich Ihnen das aus.»

Sie schrieb eine Quittung und gab mir das Geld. Ich erwartete noch irgendeinen Plausibilitätscheck beim Eintippen des Betrags in den Computer, aber der Prozess war rein analog. Danach rechnete ich damit, dass ein Supervisor mir nachrennen oder beim Verlassen des Geschäfts eine Sirene ertönen würde, was aber auch beides nicht der Fall war. Mit den 23,82 in der Tasche verliessen wir den Laden.

Wir kauften für etwa vier Euro Kirschen und Blaubeeren bei einem fliegenden Händler vor dem Media Markt, ebenfalls von einer jungen Frau bedient, die sehr schnell im Kopf addieren konnte, Prozentrechnung kam hier nicht vor.

Ich entschied mich, kein schlechtes Gewissen zu haben, sondern die restlichen 20 Euro demnächst für einen guten Zweck zu spenden.

(Update 1: Wollte gerade bei «Dunkelziffer», wo ich auch seit einigen Jahren Mitglied bin, aber das ist mir viel zu kompliziert. Mal gucken, ob ich etwas finde, wo ich mit PayPal spenden kann. Update 2: So, habe mich für die Kinderhilfe Rumänien entschieden, nach längerem Rumgoogeln recht willkürlich. Im Bereich Online-Fundraising gibt es Usability-mässig noch viel zu tun.)

7 Gedanken zu „Prozentrechnung im Media Markt Friedrichshafen“

  1. Witzige Geschichte.
    Das Geld könnte man bei http://www.kiva.org einsetzen. Man kann als Privatperson Kleinkredite unterstützen, das Geld bekommt man meist wieder zurück und kann es neu einsetzen oder ausbezahlen lassen. Läuft natürlich auch über PayPal!

  2. Panzerknacker, was der eine Fall mit dem anderen zu tun hat, darüber musst Du aber erst eine juristische Habilitation schreiben, fürchte ich. Die Frau war „jung“ wie gesagt, aber doch deutlich über 18.

  3. Nur für Douglas Adams Freunde / HTG verständlich:

    Peter, wenn Du das nächste mal da bist, dann tausche Kabel gegen Buch. Das wird ein Spaß! 19% Märchensteuer gegen 7% (ermäßigter Satz auf Literatur).

    Die Chance besteht dann tatsächlich, dass im Zuge dessen, was dann kommen mag, die Gesetze von Raum, Zeit, Wahrscheinlichkeit und überhaupt dimensionalem Zusammenhang des Universums mathematisch und logisch derart verbogen werden, dass Du – eventuell samt Fachmarktangestellter und Familenanhang in einer Subraum hgekrümmten Blase aus schierer Unwahrscheinlichkeit direkt ans Restaurant am Ende des Universums katapultiert werden…

    Falls sich jetzt jemand fragt, ob ich noch alle Tassen im Schrank habe: die Antwort lautet 42!
    Und das passende Keyword zur Recherche in dem Falle „bistromatic drive“.

    42er Gruß an alle Adams-Fans!!!
    (Gott hab ihn seelig und jammerschade, dass er so früh von uns gegangen)

  4. Sich darüber lustig zu machen, dass eine „einfache“ Verkäuferin keinen Dreisatz kann (obwohl in Deutschland schon fast Standard) und dann als Schweizer selbst zu versagen, ist schon lustig ;)

    Es ist richtig, dass etwa 1/5 von 25 fünf Euro ist; es ist aber falsch, dass von 25€ Brutto 19% etwa fünf Euro sind. Es sind tatsächlich 16%, also eher 1/6 bzw. 1/7, wenn man es „vereinfachen“ möchte.
    Und ja, das kriegt man im Kopf hin: 25 /6 = ~4 ;)

    Nichts für ungut. Was ich nur sagen [s/w]ollte: Nicht mit Steinen schmeissen ;)

Kommentare sind geschlossen.