Gerhard Schröder heute Abend in Zürich

Schröder - Fischer - LafontaineIch gestehe: Ich bin Fan.

Auch nach Regierungschaos direkt nach der Wahl, und das nicht nur nach der ersten, sondern gleich nochmal nach der zweiten, auch nach zu langer Politik der ruhigen Hand in der ersten Legislatur, auch nach einer sehr durchsichtigen Kampagne gegen den aufrechten Paul Kirchhoff, auch nach dem unsäglichen Auftritt in der Parteipräsidentenrunde am 18. September 2005 (wo wenigstens einmal Fernsehpolitikgeschichte geschrieben wurde, als ich live davorsass, nachdem ich schon beim Mauerfall 1989 keinen Fernseher hatte).

Nach all diesen Ereignissen bin ich trotzdem noch Fan. Er ist so viel angefeindet worden für seine Art, aber ich bin immer noch sicher, da ist einer, der zwar ehrgeizig ist und sagt, was er will, was ja schon vielen Leuten sauer aufstösst, aber der bei allem Willen zur Macht auch inhaltlich eigentlich immer nur das Richtige machen wollte. Das ist halt nicht so einfach in Deutschland – was ja inzwischen auch andere erfahren durften, die dachten, „Durchregieren“, das werde super.

Und dass so einer Kanzler wird, der Sohn einer Kriegerwitwe und Putzfrau, und der Einser-Jurist Stoiber halt nicht, das zeigt, dass man eben auch im entscheidenden Moment ja sagen und durchziehen muss, wo andere kneifen. Ich habe nur zweimal in meinem Leben SPD gewählt, und beide Male war es nur seinetwegen.

Dass er nur 17.3 km von meinem Heimatdorf entfernt geboren wurde, spielt dabei nicht so eine Rolle, denn er fühlt sich ja als Hannoveraner. Ist aber trotzdem sympathisch.
EntscheidungenLeider habe ich, als Auslanddeutscher, all seine Wahlkampfauftritte verpasst. Wäre ich besser organisiert, hätte ich wenigstens mal nach Konstanz oder Freiburg fahren können. Zu spät. Heute Abend gibt es nun endlich die Gelegenheit, und das auch noch nur 200 m Luftlinie von meinem Büro entfernt. Er liest für meine Hausbuchhandlung „Buchhandlung am Helvetiaplatz“ im „Volkshaus“ (für Nicht-Zürcher: das ist die linke Ecke von Zürich; auf dem Helvetiaplatz, an dem Zeix lange ansässig war, versammelt sich jede anständige linke oder linksähnliche Kundgebung, vom 1. Mai bis zum Christopher Street Day), und das Volkshaus, wie der Name schon sagt, das ist halt nebenan, und wenn die Linken sich keine Bühne leisten können, dann drehen sie sich einfach um 90° und predigen von der Kanzel des Volkshauses, was die sogar auf ihrer Homepage zeigen. Wobei auch die Linken natürlich mir irgendwas Geld verdienen müssen (eine Parallele zu Bloggern übrigens), und daher treten im Volkshaus auch regelmässig die Männerstripper „Chippendales“ auf.

Schon die Eintrittskarten, von einem Abreissblock mit dünnstem Papier, sehen aus, als stammten sie aus dem vorletzten Jahrhundert und strömen etwas heimelig Linkes aus.

Ich bin gespannt. Auch ob ich dank Schröder den penetranten Frank A. Meyer aushalten kann.