BILDblog funktioniert auch als GROSSEbuchstaben.de

Unter dem Titel Abgeblockte Blogger (Glückwunsch zum sensationellen Wortspiel!) schreibt das deutsche Manager Magazin über ein Gerichtsurteil, dass die Formel „unternehmensname-blog.de“ unzulässig sei – siehe auch hier.

Das ist durchaus eine relevante News für Blogger, aber die Zusammenfassung, die der Autor gleich im Lead liefert: „Unternehmen dürfte es künftig wohl erheblich leichter fallen, lästige Blogger loszuwerden“ ist natürlich völlig unsinnig.

„Domainraten“ als Start einer Surfsession wird seit nunmehr zehn Jahren konstant überschätzt, wie zahlreiche Interviews mit Usern und die Erfahrung zeigen. Damals wurden horrende Summen für Domains bezahlt, und jetzt ist man beinahe wieder so weit, weil man von der irrigen Annahme ausgeht, die User setzten sich vor den Computer und tippten eine ihnen plausible URL ein.

Doch wer ist der grösste Online-Buchhändler? books.com? Nein, amazon.com. Das grösste Online-Auktionshaus? auction.com? Nein, ebay.com. Und so weiter. Die einzige relevante Überlegung bei Domain Namen ist, ob man sie sich einigermassen gut merken kann. Ich will nicht sagen, dass porn.com und sex.com überhaupt keinen Wert haben, aber er ist ziemlich sicher nicht 9.5 Millionen Dollar. Selbst in der Pornobranche dürfte man für diesen Betrag eine Menge SEO machen können, was meiner Meinung nach die bessere Strategie wäre.

bildbloglogoUnd bildblog.de, dem der manager-magazin-Artikel „Teil 4: Bildblog will weiterarbeiten“ widmet? (Nebenbei, müsste es nach der o.g. „Formel“ nicht sowieso „springerblog.de“ heissen?) Natürlich ist BILDblog naheliegend, eingängig, leicht merkbar etc. – aber wenn es von Anfang an unter einem anderen Domain-Namen gelaufen wäre, hätte es heute keinen einzigen Leser weniger. „Notizenblog“ zum Beispiel, nach ihrem Claim, oder „Boulevardblog“. Klingt jetzt natürlich merkwürdig, aber würde easy als Marke funktionieren.

Edit: Nach fünf Minuten Überlegen im Tram erschiene mir etwa „GROSSEbuchstaben“ als ein zwar etwas langer, aber sehr eingängiger
Titel. Die BILD wird oft als „Die Zeitung mit den grossen Buchstaben“ apostrophiert, wohl von Leuten, die es schon anstössig finden, nur den
Namen in den Mund zu nehmen (vgl. passend zum aktuellen Hype „He-Who-Must-Not-Be-Named“). Einmal gehört, nie mehr vergessen. Ich sage nicht, dass das der beste Vorschlag ist, aber: einen Tag überlegen, und man hat zehn weitere Vorschläge. Für BILD, für MLP, für die Deutsche Bank, für alle.

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Wir in der Schweiz können diese Aussage untermauern mit etwas mehr konkreten Erfahrungen nicht nur in den Bereichen Büchern und Auktionen, sondern auch einem Watchblog. Bis Ende 2006 war das Pendlerblog das einzig wirklich relevante Schweizer Watchblog. Der Name hatte nichts mit 20 Minuten zu tun, man hatte nicht mal eine eigene Domain (gemäss Kommentar hatten sie doch eine; spielt für die Aussage keine Rolle) – der ganze aktuelle Vorfall in Deutschland wurde durch die verwehrte Eintragung bei Denic angestossen -, sondern hostete bei Blogger. Trotzdem erlangte das Pendlerblog einige Popularität.

Fazit: Es ist ärgerlich, wenn man in der Wahl des Domainnamen eingeschränkt wird, aber es braucht nur eine Spur mehr Fantasie, um das auszugleichen – und es wird keinerlei Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Watchblogs haben.

4 Gedanken zu „BILDblog funktioniert auch als GROSSEbuchstaben.de“

  1. sicher gibt es viele alternativen zu etablierten namen. doch entscheiden ist, ob jemand synonym für seine kategorie geworden ist wie z.b. amazon. einen neuen namen zu etablieren ist da schwer möglich. es wäre dann in der kategorie watchblogs. daher, lieber peter, funktioniert nicht jede marke in jedem umfeld.

  2. Lieber Timo, das mag gut sein. Ich will ja auch nicht sagen, dass Marken generell austauschbar sind. Und es ist natürlich etwas anderes, ob man eine neue Marke etablieren will oder schon eine Marke erfolgreich aufgebaut hat und dann wechseln muss. Natürlich wäre es sehr, sehr doof, wenn BILDblog morgen umziehen müsste.

    Ich will nur sagen: Für die Zukunft tut es der Effektivität von Watchblogs keinen Abbruch, wenn die Rechtsprechung so ist wie in diesem Fall.

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