Ein weniger offensichtlicher Grund für den Brain Drain

Gleich, fünfzehn Stunden, nachdem ich um 4.20 Uhr das Haus verlassen habe, wieder zurück. Gratis und franko und ohne konkrete Aussicht auf einen Auftrag 700 km weit gereist, um 15 Leuten etwas über Usability zu erzählen. Die waren auch alle sehr freundlich und aufnahmebereit, hatten allerdings einen Chef, der rein gar nichts wissen wollte, sondern sich in der Rolle gefiel, einem zehnmal hintereinander ins Wort zu fallen und jedes Mal das pure Gegenteil zu behaupten. „Aha, Hogenkamp kann nicht damit umgehen, wenn jemand nicht seiner Meinung ist.“ Nö, vor allem bei Usability-Fragen, wo ja meist das Gegenteil auch irgendwie richtig ist. Aber ich finde es anstrengend, wenn jemand in einer Sitzung seine Energie vor allem darauf verwendet, allen zugleich sein Desinteresse (die ganze Zeit auf dem Laptop Mails beantworten) und seine Missbilligung zu zeigen. Als ich ein Video gezeigt habe, dass ihn offenbar am Stück interessierte, schaute er sehr verstohlen hin.

Während es passiert, kann ich sowas recht locker aussitzen bzw. -stehen. Danach ärgere ich mich aber umso mehr. Und denke: Gut, dass ich nur noch 50% Consulting mache und 50% Bloggen und so.

Doch halt. Auf der Rückfahrt fiel mir auf: Von den Top Fünf der schlimmsten Meetings und Präsentationen, die ich in elf Jahren Berufsleben hatte, waren drei in Deutschland. Was insofern frappierend ist, als ich schätze, dass von den vielleicht insgesamt 1000 Meetings und Präsentationen nur 25 in Deutschland waren.

Mit anderen Worten, gegenüber der Schweiz ist in Deutschland der Anteil der Leute, die einen zu Kurzen haben und das kompensieren, imdem sie sich manchmal für meinen Geschmack etwas arg extrovertiert geben, um den Faktor 60 höher als in der Schweiz.

Es sind eben nicht nur die niedrigen Steuern, die sauberen Strassen und die schön anzusehenden Berge, die machen, dass ich mich hier wohlfühle, sondern auch die Kultur, vor allem im Geschäftsleben.

Ein Gedanke zu „Ein weniger offensichtlicher Grund für den Brain Drain“

  1. Wegen der Abmahn-Anwälte muß man ja jetzt immer alles verquasuliert beschreiben. Deswegen: So einer ist kein Wichser! Eher so ein Typ wie Bohlen, der, seit er 13 ist, nicht mehr gewixt hat.

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